leichtathkletik im wandel mit nbl
Verfasser : G.Sonnemann , Berlin , Dez.2010
II. Theorie der neuen NBL - Methode Sonnemann
C.1 IAAF-Mehrkampfwertung, 1985
Die jetzige Tabelle der IAAF zur Bewertung von Mehrkämpfen gilt seit dem 1.4.1985 .
Dabei sind – entnommen einem Artikel von Prof.Dr.Wieczisk ( Ehrenpräsident der IAAF )
im „Leichtathlet“ Nr.39/1984 ( Fachzeitschrift des DVfL ) – und den Vorbemerkungen der IAAF-Mehrkampftabelle 1985 unter anderem folgende Grundsätze bei der
Aufstellung zu Grunde gelegt worden :
1.) Punkte und Qualität der Leistung in
den einzelnen
Disziplinen sollen übereinstimmen
( = Leistungs – Punktäquivalenz )
2.) Eine gerechte Bewertung soll in
allen
Leistungsbereichen gewährleistet sein.
3.) Die einzelnen Punktreihen sollen
leicht progressiv
sein
( d.h., für den gleichen Leistungsanstieg soll es im jeweils höheren
Leistungsbereich einen größeren Punktzuwachs geben. )
4.) Die Tabelle soll auch in fernerer Zukunft anwendbar sein.
Diese Grundsätze sind ( angeblich ) Ausgangspunkt des Bewertungssystems der IAAF,1985.
Wie sind diese Grundsätze nun mit Tabelle tatsächlich umgesetzt worden ?
- Ist die Leistungs – Punktäquivalenz in allen
Leistungsbereichen erreicht ?
Bei aller Anerkennung der Tatsache, dass jede
Beurteilung welche Leistung in einer Disziplin nun in der Qualität der Leistung in einer anderen Disziplin entspricht, subjektiv ist, kann von einer Leistungs – Punktäquivalenz bei der Tabelle der
IAAF,1985 nicht gesprochen werden.
Einige
markante Beispiele für den obersten Leistungsbereich dafür :
. 9,77 s über 100 m ( Weltrekord, Stand 31.8.2007 ) erhalten
nach IAAF, 1985 = 1154 Punkte.
Genauso viele Punkte gibt es zum Beispiel
für :
Weitsprung = 8,36 m
Kugelstoßen = 20,87 m
Diskuswerfen = 63,42 m
Stabhochsprung = 5,77 m
Speerwerfen = 87,15 m
Das ist eine krasse Unterbewertung der 100 m – Leistung im obersten Leistungsbereich.
. 12,88 s
über 110 m H. sollen nach Tabelle IAAF nicht mehr wert sein,
wie :
400 m = 43,78 s
Hochsprung = 2,34 m
Weitsprung = 8,25 m
Speerwerfen = 85,22 m
Stabhoch = 5,675 m
Kugelstoß = 20,39 m
Diskuswurf = 62,01 m ?
Diese Beispiele ließen sich fortsetzen, sie zeigen , dass von
Leistungs-Punktäquivalenz im oberen Leistungsbereich keine Rede sein kann.
Der Bewertungsunterschied nach jetziger Tabelle 1985 zwischen den am besten als gleichwertig anzusehenden Weltrekordleistungen ( Stand 31.8.2007) beträgt 259 Punkte ,ein unverhältnismäßig großer Punktunterschied.
Dies ist jedoch nicht der 1985 nicht absehbaren Leistungsentwicklung geschuldet, denn die 1985 geltenden Weltrekorde wurden bereits damals mit einer Punktdifferenz von 222 Punkten unterschiedlich bewertet.
Nun könnte man sagen, dass Mehrkämpfer keine Leistungen im Weltrekordniveau bringen, diese Diskrepanzen also im wirklichen Wettkampfgeschehen gar keine Rolle spielen.
Falsch !
Da alle Umrechnungen von Leistung in Punkte nach einer
mathematischen Formel erfolgen, müssen sich
solche Fehlbewertungen im Spitzenleistungsniveau automatisch
in die anderen Leistungsbereiche fortsetzen.
Siehe dazu folgende Prinzipskizze am Ende der Seite.
Einige markante Beispiele der Fehlbewertungen im unteren
Leistungsbereich :
Für den unteren Leistungsbereich sind als äquivalente Leistungen
nach IAAF,1985 die Mindestleistungen b festgesetzt worden.
Diese sind durch keine statistische Auswertung belegbar, also durch nichts qualifiziert, hier als Maßstab verwendet zu werden.
Sollen etwa 1,50 m im Kugelstoßen wirklich genauso gut sein, wie
2,20 m im Weitsprung ?
Seit wann springt man weiter, als man eine Kugel stößt ?
Oder sind 1,50 m im Kugelstoß wirklich so gut wie 82,00 s
über 400 m ?
Wohl kaum.!
Oder sind nicht 18,00 s über 100 m doch besser als 4,00 m im
Diskuswerfen ?
Gerade für die Bewertung von Seniorenleistungen hat die richtige
Festlegung von Leistungsäquivalenzen im unteren Leistungsbereich
eine große Bedeutung.
Siehe dazu C.2
2. Untersuchung der Punktreihen der IAAF – Tabelle, 1985
auf leichte Progressivität
Der Grundgedanke dabei ist, dass für eine bestimmte
Leistungssteigerung ( z.B. 50 cm im Stabhochsprung)im jeweils
höheren Leistungsbereich der Punktzuwachs ( Diff.1) nicht nur
stetig ansteigen, sondern progressiv ansteigen soll.
Das heißt, der Punktzuwachs soll sich beschleunigen.
( = Differenz 2 als Ausdruck der Beschleunigung soll auch steigen.)
In den englischen Vorbemerkungen der IAAF- Mehrkampftabelle
ist diese gewünschte Entwicklung des Punktzuwachses
mit „ slightly progressiv „ und der Graph der Kurve mit „ concave
side upwards „ bezeichnet.
Die Entwicklung des Punktzuwachses nach IAAF – Tabelle sieht in
Wirklichkeit aber folgendermaßen aus:
Beispiel
Stabhochsprung :
Diff.2 Diff.1 Punkte Leistung
1400 6,50 m
169 1231 6,00 m
5 164 1067 5,50 m
7 157 910 5,00 m
7 150 760 4,50 m
7 143 617 4,00 m
8 135 482 3,50 m
10 125 357 3,00 m
10 115 242 2,50 m
13 102 140 2,00 m
16 86 54 1,50 m
22 54 0 1,00 m
Wie man sieht, nimmt der Anstieg des Punktzuwachses ( Diff.2 )
mit steigender Leistung ab, was natürlich der Logik und dem
Leistungsgedanken widerspricht.
Dadurch werden Leistungssteigerungen im hohen Leistungsbereich
weniger belohnt, als im niedrigeren.
Die Ursache dafür liegt in den mathematischen
Berechnungsformeln, die etwas anderes gar nicht zulassen.
Kurze Beweisführung :
. Differenz 2 entspricht der 2.Ableitung der
Grund-Berechnungsformel
. die Exponenten C der Berechnungsformeln liegen
von 1,04 bis 1,92 , also alle unter 2.
Nach der mathematischen Differentialrechnung haben
alle Potenzfunktionen mit einem Exponenten kleiner 2 in der
2.Ableitung eine fallende Kurve.
Das heißt, der Anstieg des Punktzuwachses muß aus rein
mathematischen Gründen immer eine fallende Tendenz haben.
( genaue Beweisführung in: E.3.1 )
3. Eine logische Einschätzung der
Bewertungsformeln
y = a * ( b – M ) c für den Lauf bzw.
y = a * ( M – b ) c für den Wurf/Sprung
zeigt, dass die Punktwertung jeder Leistung M ins Verhältnis
zu einer Mindestleistung b gesetzt wird.
Diese Mindestleistung ist also der Anhaltspunkt zum Aufbau der
Punkttabelle jeder Disziplin.
Woher jedoch kommt diese Mindestleistung ?
Welche statistische Auswertung stützt diese Mindestleistung ?
Alle diese Mindestleistungen werden mit Null Punkten bedacht,
was aber stützt diese Maßnahme, diese Leistungen als äquivalent
zu behandeln ?
In Wirklichkeit ist dieses b in den Berechnungsformeln lediglich
eine Zahl, die in die Formel eingefügt werden muß, damit
einigermaßen vertretbare Punktwerte errechnet werden können.
In C.4.2
wird diese Problematik genauer beschrieben.
Desweiteren lässt der Aufbau der Bewertungsformeln der
IAAF – Tabelle keine Steuerung der Punktwerte zu.
DieKrümmung = Anstieg der Leistungs-Punktkurve ist durch
( b – M ) c bzw.( M – b ) c
festgelegt.
Die Punkthöhe wird dann durch die Festsetzung des Faktors a
bestimmt.
Dabei ist a so gewählt, dass eine Leistungsäquivalenz im mittleren
= gängigen Mehrkampfleistungsbereich etwa möglich ist.
Die übrige Leistungs – Punktzuweisung im oberen und unteren
Leistungsbereich erfolgt dann automatisch nach Bewertungsformel.
Eine Möglichkeit der Beeinflussung bieten die Bewertungsformeln
nicht.
Statistische Auswertungen der Wettkampfpraxis sind so nicht mit
der Tabelle der IAAF umsetzbar.
Wie schlecht die Zuweisung in diesen Leistungsbereichen mit
diesen Formeln möglich ist, wurde unter Punkt Leistungsäquivalenz
gezeigt.
4. Ausmaß der Mehrkampffehlbewertungen nach
IAAF – Tabelle 1985
Welche Auswirkungen die Fehlbewertungen der einzelnen Disziplinen nach jetziger IAAF – Tabelle
auf die Mehrkampfergebnisse haben, ist durch die
Auswertung von insgesamt 441 Zehnkampfwettkämpfen ermittelt worden.
Dabei sind alle Wettkämpfe von Europameisterschaften,
Weltmeisterschaften, Olympischen Spielen seit Einführung der
IAAF-Tabelle 1985 statistischn untersucht worden.
Fazit der Auswertung :
- Jede dritte
internationale Meisterschaft
würde im Endergebnis bei Anwendung einer neuen , realen Tabelle auf den
ersten 3 Plätzen eine andere Reihenfolge
haben.
- Bei jeder internationalen Meisterschaft
würde in 9 von10 Fällen das Endergebnis
auf den ersten 10 Plätzen bei Anwendung
einer realen neuen Tabelle anders aussehen.
Da die Mehrkampftabelle der IAAF von 1985 mit allen ihren
Fehlern Grundlage der Bewertung von Altersklasseleistungen ist
( über Faktoren ), übertragen sich die Fehler der IAAF-Tabelle 1985
auch auf sämtliche Bewertungsvorschriften der WMA.
Trotz mehrfacher Änderungen der Umrechnungsfaktoren durch die
WMA bleibt wegen der mangelhaften IAAF -Tabelle auch die
Bewertungssituation von Altersklasseleistungen somit
unbefriedigend.
5. spezielle Bemerkungen zu den Frauendisziplinen
( ergänzt im Januar 2013 )
Die unter 1. - 4. gemachten Feststellungen für die Mehrkampf -
disziplinen der Männer treffen natürlich für die Frauendisziplinen
auch zu.
Weder ist die gewünschte leichte Progressivität der Leistungs-
Punktkurven verwirklicht, noch die nötige Äquivalenz der
Disziplinleistungen untereinander in den einzelnen
Leistungsbereichen.
Dazu einige Beispiele :
. WR - Bereich : - 2,09 m im Hochsprung sind genau so gut
wie 11,51 sec. über 100 m H. ?
( WR,Stand 12/2012 = 12,21 sec. )
Der Hürdenlauf wird hier also wesentlich
unterbewertet.
- 7,52 m im Weitsprung sind genau so gut
wie 11,56 sec. über 100 m H. ?
- 2,09 m im Hochsprung sind wirklich so gut
wie 20,35 sec. über 200 m ?
( der 200 m -Lauf ist hier also wesentlich
unterbewertet )
. Spitzenbereich - 13,95 sec. über 100 m H. sind so gut wie
der MK-ferinnen 56,41 m im Speerwerfen ?
- 56,41 m im Speerwerfen sind nur so gut
wie 1,805 m im Hochsprung ?
. im unteren - Null Punkte gibt es für :
Leistungs- 1,50 m im Kugelstoßen und für
bereich 2,10 m im Weitsprung.
Seit wann springt man weiter, als man die
Kugel stößt ?
Die Fehlbewertungen in der Grundtabelle der
IAAF wirken sich natürlich auch in der
Altersklassenwertung der WMA aus.
( siehe C.2 )
zur Skizze " Folgefehlbewertungen " <<<<
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weiter : C.2