leichtathkletik im wandel mit nbl
Verfasser : G.Sonnemann , Berlin , Dez.2010
II. Theorie der neuen NBL - Methode Sonnemann
C.3 andere Wertungsmethoden
C.3.1 Analyse der IAAF – Tabellen für Einzeldisziplinen nach
Dr.B.Spiriev; 2008
Diese Tabellen sind von der IAAF zur Bewertung von Leistungen aus Einzeldisziplinwettbewerben verabschiedet worden.
Damit können disziplinübergreifende Rankings, Rankings von
Meetings uns anderes bewertet werden.
Für die gleiche Leistungsspanne wie bei der Mehrkampfwertung
ist nach Tabelle Dr.B.Spiriev ein größerer Punkterahmen
vorgesehen.
Leistungen in Weltrekordnähe ( Stand 2008 ) werden mit etwa
1300 Punkten bewertet.
Zur Einschätzung der Qualität der Wertungstabelle wird sie auf
Einhaltung der Leistung - Punktäquivalenz in allen
Leistungsbereichen und auf Progressivität der Leistungs -
Punktreihen untersucht.
Zur Leistungs- Punktäquivalenz :
Das Hauptanwendungsgebiet der Tabelle ist die Bewertung von
Spitzenleistungen.
Dafür ist die Tabelle aufgestellt worden.
Die Bewertungsformeln lassen es in ihrer Struktur auch zu, dass in diesem engen Leistungsbereich eine Äquivalenz zwischen den mit gleicher Punktzahl bewerteten Disziplinleistungen her zu stellen ist.
Der mittlere und der untere Leistungsbereich weisen allerdings keine Leistungsäquivalenz auf.
Einige Beispiele dazu :
Unterer Leistungsbereich:
1,18 m Kugelstoßen = 2,41 m Weitsprung ?
2,86 m Kugel = 71,23 s über 400 m ?
3,72 m Diskus = 2,41 m Weit ?
11,96 m Speer = 14,70 s über 100 m ?
2,86 m Kugel = 14,70 s über 100 m ?
9,09 m Diskus = 14,70 s über 100 m ?
71,23 s 400 m = 9,09 m Diskus ?
71,23 s 400 m = 11,96 m Speer ?
Mittlerer Leistungsbereich :
6,44 m Weit = 11,24 s über 100 m ?
6,44 m Weit = 15,61 s über 110 m H.?
7,40 m Weit = 18,00 m Kugel ?
6,44 m Weit = 46,71 m Diskus ?
7,40 m Weit = 57,34 m Diskus ?
14,38 s 110 m H. = 57,34 m Diskus ?
47,95 s 400 m = 57,34 m Diskus ?
Eine durchgehende Leistungsäquivalenz ist also nicht vorhanden.
Das liegt zum großen Teil daran, dass die Leistungs – Punktkurven nicht angemessene Punkt-Steigerungsraten
für gleiche Leistungsteigerungen aufweisen.
Zur Progression der Punkttabelle :
Für alle Disziplinen gilt, dass keine Leistungs – Punktkurve einen progressiven Anstieg hat.
Die Punktsteigerung selbst ist also für gleicheLeistungs-steigerungen keine steigende Kurve.
( vergleiche dazu die Ausführungen in C.1 )
Die Laufdisziplinen haben nach den Tabellen Dr.Spiriev gekrümmte Leistungs-Punktkurven, allerdings nimmt der Punktanstieg nur stetig, nicht progressiv zu.
Die Leistungs – Punktkurven der Sprung – und Wurfdisziplinen dagegen sind im Prinzip Geraden.
Die Punktsteigerung für gleiche Leistungssteigerungen ist fast konstant.
Was haben diese Feststellungen für Auswirkungen ?
Nehmen wir das Beispiel Weitsprung:
in : E.2
wird dargelegt, das sich aus dem natürlichen Äquivalenzverhältnis der Disziplinen untereinander heraus die Notwendigkeit einer ganz
bestimmten Krümmung der
Leistungs – Punktkurven ergibt.
Im Verhältnis zum Kugelstoßen muss danach die Leistungs – Punktkurve des Weitsprungs eine gewisse Krümmung aufweisen, und kann ( wie bei der Tabelle Dr.Spiriev ) keine Gerade sein.
Wenn in der Tabelle Dr.Spiriev im Weitsprung die Leistung im obersten Leistungsbereich äquivalent zu den anderen
Disziplinleistungen bewertet wird, und dann alle anderen Weitsprungleistungen nach einer Bewertungsformel berechnet werden, deren Graph eine Gerade ist, folgt automatisch, dass die Leistungen des
Weitsprungs im mittleren Leistungsbereich überbewertet und im unteren Leistungsbereich unterbewertet
sind.
( siehe die obigen Beispiele für den unteren und mittleren Leistungsbereich )
Dies wird in : E.6 noch einmal aufgezeigt.
Die Wertungstabelle Dr.Spiriev erfüllt somit nicht die beiden wichtigsten Grundforderungen an eine gute Wertungstabelle.
Die Leistungs – Punktäquivalenz ist nicht gewahrt und die Punktreihen sind nicht progressiv.
Als problematisch an zu sehen ist außerdem, dass die Tabellen ohne Vorliegen geänderter technischer Wettkampfbedingungen ( zum Beispiel die Verwendung besserer Stabhochsprungstäbe ) alle paar Jahre angepasst werden.
So entstehen immer wieder andere angebliche Leistungs – Punktäquivalenzen.
C.3.2 nationale Wertungs - Tabelle des DLV , Ausgabe 1994
Die nationale Wertungstabelle des Deutschen Leichtathletik-verbandes ( DLV ) gilt u.a. für Schülermehrkämpfe und Mannschaftsmeisterschaften.
Die Punktzahlen werden in den
Laufdisziplinen nach P = [ ( D : M ) – a ] / c
Sprung-/Wurfdisziplinen nach P = [ ( Wurzel M ) – a ] / c
ermittelt, wobei M die Leistung in sec. / Metern ; D die Laufdistanz in Metern ; a und c Konstanten je Disziplin sind.
Wie die anderen Tabellen wird die nationale Tabelle auf Leistungs-Punktäquivalenz und auf einen progressiven Verlauf der Punktsteigerungsraten hin untersucht.
Zur progressiven Punktsteigerung :
In den Laufdisziplinen bringen die Bewertungsformeln Leistungs- Punktkurven, deren Punktanstieg selbst eine steigende Kurve ist.
Also ist hier die Progressivität gegeben.
Was unter „ progressiver Punktanstieg „ zu verstehen ist, wurde in C.1 und E.4 erläutert.
In den Sprung- und Wurfdisziplinen werden
die Punkte nach einer Formel berechnet, bei der aus der zu bewertenden Leistung die Wurzel gezogen wird.
Damit ist der Punktanstieg - mathematisch begründet – immer eine fallende Kurve.
Das folgende Beispiel Hochsprung zeigt dies
anschaulich :
Leistung Punkte nach Punktsteigerung
nat.Tabelle
DLV
Differenz 1 Differenz
2
2,40 m 885
41
2,30 m 844 - 1
42
2,20 m 802 0
42
2,10 m 760 - 2
44
2,00 m 716 - 1
45
1,90 m 671 - 1
46
1,80 m 625 - 1
47
1,70 m 578 - 2
49
Man sieht, dass die Punktsteigerungen für gleiche Leistungssteigerungen zu besseren Leistungen hin immer geringer werden.
Der Anstieg der Leistungs – Punktkurven in den Sprung- Wurfdisziplinen ist also degressiv,was dem Leistungsgedanken widerspricht, und keine gerechte Zuordnung von Leistung zu Punkten in allen Leistungsbereichen zulässt, wie die weiteren Ausführungen zeigen.
Zur Leistungs – Punktäquivalenz :
In keinem Leistungsbereich ist eine disziplinübergreifende gerechte Leistungs – Punktzuordnung gegeben.
Dazu einige konkrete Beispiele :
800 Punkte sind 8,43 m im Weitsprung ,
ist diese Leistung nicht wesentlich besser als folgende Leistungen, die auch 800 Punkte nach nationaler Wertung des DLV bekommen : ?
19,23 m im Kugelstoßen ?
2,195 m im Hochsprung ?
5,42 m im Stabhochsprung ?
76,85 m im Speerwurf ?
46,00 s über 400 m ?
12,96 sec . über 110 m H. sind nicht besser als :
5,42 m im Stabhochsprung ?
19,23 m im Kugelstoßen ?
76,85 m im Speerwurf ?
300 Punkte sind = 15,70 sec. Über 100 m, sind diese äquivalent mit :
12,30m im Speerwerfen ?
28,23 s über 110 m H. ?
1,63 m im Stabhochsprung ?
Die Disziplinen Stabhochsprung , Speerwerfen , Hochsprung sind durchgehend zu gut bewertet.
Der 110 m H.-Lauf ist im Spitzenbereich viel zu schlecht, und im untersten Leistungsbereich zu gut bewertet.
Fehlbewertungen in einem Leistungsbereich bewirken immer auch in den anderen Leistungsbereichen
eine schlechte Zuordnung von Leistung zu Punkten, was in
genau erläutert wird.
C.3.3 Analyse der Swiss Athletics Tabelle 2010
Schon die Existenz einer eigenen nationalen Schweizer Bewertungstabelle zeigt, dass die Qualität der internationalen Wertungssysteme der IAAF über alle Leistungsbereiche als nicht gut angesehen wird.
Was unterscheidet die Schweizer Tabelle nun von den geltenden IAAF – Tabellen und wie wird die Leistungsäquivalenz und die angestrebte leichte Progressivität der Punkttabellen erreicht ?
Zunächst ist an den Bewertungsformeln zu sehen, dass sie den selben Aufbau wie die IAAF – Formeln haben.
Unterschiedlich sind die Exponenten C und die daraus folgenden Konstanten A und B .
Zur Progressivität der Leistungs – Punktkurven :
Zu unterscheiden sind 4 Fälle:
1.) Der Exponent C ist größer 2
Dies ist in allen Laufdisziplinen der Fall,es bedeutet, dass die Leistungs – Punktkurven einen
progressiven Anstieg haben,
was dem Leistungsgedanken richtig entspricht.
2.) Der Exponent C ist größer1 , aber kleiner 2
Dies gilt für die Disziplin Weitsprung, und bedeutet, dass der Punktzuwachs für gleiche Leistungssteigerungen zwar steigt, aber um immer kleinere Beträge.
Es handelt sich hier also um keinen wirklich progressiven Anstieg der Leistungs – Punktkurve.
3.) Der Exponent C ist genau 1
Dies gilt für die Disziplinen Hochsprung / Stabhochsprung / Dreisprung und bedeutet, dass der Punktzuwachs
für gleiche Leistungssteigerungen auch zu besseren Leistungen hin immer gleich ist,also kein progressiver Punktanstieg vorliegt.
4.) Der Exponent C ist kleiner 1
Dies trifft für alle Wurfdisziplinen zu , und bedeutet, dass der Punktzuwachs für gleiche Leistungssteigerungen zu besseren Leistungen hin immer kleiner wird.
Hier liegen also degressive Leistungs – Punktkurven vor.
Ein anschauliches Beispiel für einen degressiven Punktverlauf ist die Bewertung des Kugelstoßens :
Leistung Punkte
nach Punktsteigerung
Swiss Athletics Diff.1 Diff.
23,00 m 1289
110
21,00 m 1179 - 1
111
19,00 m 1068 - 1
112
17,00 m 956 - 2
114
15,00 m 842 - 2
116
13,00 m 726 - 1
117
11,00 m 609 - 4
121
9,00 m 488
Man sieht deutlich, dass mdie Punktsteigerungen ( Diff.1)
rückläufig sind.
Die einzelnen Disziplinen haben nach den Bewertungs-
formeln von Swiss Athletics prinzipiell unterschiedliche Leistungs
– Punktkurven, von progressiv steigend, über Gerade bis zu
degressiven Punktzuwachsverläufen.
Eine gerechte Tabelle für alle Disziplinen und Leistungsbereiche ist
mit solch in der Struktur unterschiedlichen Bewertungsformeln
nicht möglich.
Stimmt die Zuordnung Punkte zu Leistung in einem Leistungs-
bereich, geht sie zu einem anderen hin auseinander, da sich eine
Bewertungskurve im Anstieg beschleunigt, die andere aber
abflacht.Dies zeigt sich in der Analyse zur Leistungsäquivalenz.
Zur Leistungsäquivalenz der Tabelle „
Swiss Athletics „
Für 800 Punkte sind nach Tabelle folgende
Leistungen gleichwertig :
12,00 s über 100 m = 45,00 m im Diskuswerfen ?
12,00 s über 100 m = 14,27 m im Kugelstoßen ?
Hier sind die Wurfdisziplinen gegenüber den
100 m wesentlich unterbewertet.
Für 400 Punkte werden gleichgesetzt :
3,97 m im Weitsprung = 20,02 s über 110 m H. ?
= 67,22 s über 400 m ?
2,51 m im Stabhochsprung = 20,02 s über 110 mH. ?
7,57 m im Kugelstoßen = 20,02 s über 110 m H. ?
= 67,22 s über 400 m ?
Für 100 Punkte sind gleichgesetzt :
3,03 m im Kugelstoßen = 24,86 s über 110 m H. ?
2,06 m im Weitsprung = 83,47 s über 400 m ?
11,09 m im Speerwerfen = 83,47 s über 400 m ?
1,23 m im Stabhochsprung = 24,86 s über 110 m H. ?
8,92 m im Diskuswerfen = 83,47 s über 400 m ?
Insgesamt ist der 110 m H.-Lauf zu niedrig bewertet, ebenso der 400 m – Lauf.
Schon die Gleichsetzung von Leistungen im obersten Leistungsbereich ist mehr als diskussionswürdig.
Mit 1275 Punkten werden nach „ Swiss Athletics „ bewertet :
9,65 s / 8,95 m / 22,73 m /
2,50 m / 42,50 s / 12,65 s /72,20 m / 6,24 m / 91,60 m / ohne
( Disziplinen in der Reihenfolge eines Zehnkampfes )
Die Disziplinen Hochsprung / 400 m / 110 m H-Lauf / Stabhochsprung / sind hier zu schlecht bewertet, der Speerwurf zu gut.
Das sich Fehlbewertungen im obersten Leistungsbereich in die anderen Bereiche fortsetzen, ist bei der Analyse der anderen Wertungstabellen bereits beschrieben worden.
( sie auch: E.6 )
weiter : C.4 = Tabellen und Auswertungen