leichtathletik im wandel mit nbl

Verfasser : Gunther Sonnemann, Sportanalyst, Berlin Dez.2015

I/T.5  Leistungsentwicklung einzelner Disziplinen

I/T.5.1  Leistungsentwicklung  100 m von 1968 - 2012

         

 

 

 

 

1961 bis                            

 10 - Besten Durchschnitt   % - Steigerung

 

                  1964    

 

10,11

Handzeitnahme

 

 

1968

9,98

Handzeitnahme

 

 

1972

9,98

Handzeitnahme

 

 

1976

10,09

  0,296

 

 

1980

10,02

  0,694

 

 

1984

10,02

  0,00

 

 

1988

10,00

  0,20

 

 

1992

9,92

  0,80

 

 

1996

9,9

  0,202

 

 

2000

9,89

  0,101

 

 

2004

9,87

  0,202

 

 

.                    

                                2008                                          9,83                       0,405

                    

                                2012                                          9,77                       0,61

 

 

   

 

 

 

   

 

     

 

 

     

 

 

 

 

 

Das Diagramm  1  der folgenden pdf - Datei  zeigt den Verlauf im Liniendiagramm:

 

 

 

 

 

 

 

was lässt sich aus dem Diagramm 1  erkennen ?

 

1.)

bis 1972 waren Handzeitnahmen noch überwiegend, obwohl schon  in den 1930-er Jahren Sprintrennen auch  mit  elektronischer Zeitmessung gestoppt wurden, und 1968 diese

erstmals bei Olympischen Spielen angewendet wurde.

 

Dies ist mit der positiven Leistungsentwicklung bis Anfang der 1970 Jahre = fallende Kurve im Diagramm zu erkennen.

 

2.)

mit der generellen Einführung der elektronischen Zeitnahme bei großen internationalen Wettkämpfen Mitte der 1970-Jahre verschlechterten sich die gemessenen Zeiten, zu sehen am Anstieg

Anstieg der Kurve zu sehen ist.

 

3.)

seit diesen Jahren verbessern sich die Sprintzeiten kontinuielich, die Gründe dafür sind vielschichtig, u.a. führte die Einführung von Kunststoffbahnen zu schnelleren Läufen.

 

Dies soll so weit wie möglich noch  geklärt werden.

 

 

  wie wirkte sich die elektronische Zeitmessung auf die Sprintzeiten aus ?

 

Die menschliche Reaktionszeit verzögert die Inbetriebnahme der Zeitmessung.

Es ist von  2 - 3 /10 - Sekunden auszugehen.

     
             

Bereits seit den 1930 - Jahren wurden ein - und dieselben Sprintrennen

sowohl von Hand

als auch elektronisch  gemessen.

       
             
             
             
             
             
             

Eine Auswahl vergleichender Zeitnahmen über 100 m:

   

( alles gelaufen auf Aschebahnen )

       
             
   

Handzeit

elektronisch

   
             

A.Jonath

OS 1932

10,4

10,50

     

E.Tolan

01.08.1932

10,3

10,38

     

R.Metcalfe

01.08.1932

10,3

10,38

     

N.Ewell

09.07.1948

10,2

10,34

     

B.Morrow

OS 1956

10,5

10,62

     

Th.Baker

OS 1956

10,5

10,77

     

M.Germar

OS 1956

10,7

10,86

     

A.Hary

OS 1960

10,2

10,32

     

D.Sime

OS 1960

10,2

10,35

     

P.Radford

OS 1960

10,3

10,42

     

A.Hary

Zürich 1960

10,0

10,25

     

R.Hayes

OS 1964

10,0

10,06

     

E.Figuerola

OS 1964

10,2

10,25

     

H.Jerome

OS 1964

10,2

10,27

     

J.Hines

20.06.1968

9,9

10,03

     
           

              Differenz

   

Durchschnitt

10,26

10,386

0,126

   
             

Da bei Handzeitnahmen bereits ab dem ersten Zehntel aufgerundet wird, also

aus handgestoppten 10,11 s  eine 10,2 gemacht wird

( nach intern. Wettkampfregeln)

sollte vom Durchschnitt Handzeit 5/100 abgezogen werden

   
             
     

      +

0,05

   
             

Differenz  elektronische / Handzeitnahme =

0,18

 

 

Die IAAF hat  nach eigenen Untersuchungen für Läufe bis 400 m einen Zeitaufschlag

von  24 / 100 s  festgelegt ( Quelle 1 ) , damit wird im Weiteren auch ausgegangen , obwohl

eigenen Untersuchungen einen geringeren zeitunterschied ergeben haben.

Addiert man zu den Durchschnitts-Handzeiten der Zeiträume bis 1972 diese

24/100 ,

dann sieht die Kurve der Leistungsentwicklung über 100 m so aus :

 
             
             
 

elektronisch

       

1952

10,53

10,29 Hand + 0,24

     

1956

10,42

10,18 Hand + 0,24

     

1960

10,37

10,13 Hand + 0,24

     

1964

10,35

10,11 Hand + 0,24

     

1968

10,22

9,98 Hand + 0,24

     

1972

10,22

9,98 Hand + 0,24

     

1976

10,09

         

1980

10,02

         

1984

10,02

         

1988

10,00

         

1992

9,92

         

1996

9,90

         

2000

9,89

         

2004

9,87

         

2008

9,83

         

2012

9,77

         

 

Die graphische Darstellung der Entwicklung unter Berücksichtigung der Einführung der elektronischen

Zeitmessung zeigt das

 

Diagramm  2     in der o.g. pdf - Datei.

 

Einfluss der ersten Kunststoffbahnen auf die Sprintzeiten ?

 

chschnittNeue Kunststofflaufbahnen wurden bei internationalen Meisterschaften erstmals

bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexico-City eingesetzt.

   
             

Für den Endlauf über 100 m liegen sowohl die Handzeiten als als auch die

 

elektronisch gemessenen Zeiten vor.

       
             

Für die ersten 3 sind dies :

       
 

 

 

  

     
                               Handzei/elektr.Zeit/Hand+0,24/Spalte 3-Sp.2

 

 

 

 

   

1. J.Hines                                9,9 / 9,95 / 10,14 / 0,19 

 

 

 

 

   

2. L.Miller                              10,0 / 10,04 /10,24 / 0,20 

 

 

 

 

   

3. Ch.Greene                         10,0 / 10,07 / 10,24 / 0,17

 

 

 

 

   
             
                Durchschnitt          /        /  10,207 / 0,187  

 

 

 

   
             

Lesart:

           
             

Bei einer handgestoppten Zeit von z.B. J.Hines = 9,9 s hätte seine

elektronische Zeit =10,14 s

betragen müssen. Er ist aber elektronische 9,95 s gelaufen, also muss der

Zeitgewinn

10,14 - 9,95 = 0,19 s  der Zeitvorteil durch Benutzung einer Kunststoffbahn sein.

             

Der durchschnittliche Zeitgewinn durch Anwendung einer Kunststoffbahn

dieser Art 1968

beträgt  0,187 s , das entspricht  0,187/10,207 = 1,83 %

   
             
Zeitgewinn Kunststoffbahn, Art 1968 = 0,187 sec. = 1,83 %

 

 

     

 

Dieser Zeitgewinn durch die neuen Kunststoffbahnen bezieht sich auf die 1968

erstmals verlegten Kunststoffbahnen der 1.Generation, damals alle " Tartanbahnen "

genannt.

     

 

Die die Aschebahnen ablösenden Kunststoffbahnen bestehen dabei hauptsächlich aus

mehrlagigen Kunststoffschichten aus SBR ( = Styrol-Butadien Kautschuk ) und

synthetischem Gummi ( = EPDM ), sowie Polyurethan als Bindemittel.

 

       

 

Diese Kunststoffschichten werden auf Asphalt oder auch Beton verlegt und weisen

mehr  Elastizität  und  Trittstabilität  als Aschebahnen auf.

 

       

 

Somit geht wesentlich weniger Abdruckkraft bei jedem Sprintschritt verloren.

Besonders beim Start entstanden so  auf herkömmlichen Aschebahnen oft

 

regelrechte Löcher auf der Bahn.

 

 

       

 

Da sich diese Kunststoffbahnen seit 1968 immer wieder verbessert haben,

kann man

davon ausgehen, dass der Zeitgewinn durch die neuen Bahnen noch  größer

ist,

als die bisher ermittelten  0,187 s .

 

 

 

Die weitere Verbesserung der Laufbahnen wird mit einem leistungs-

steigernden Effekt

ab 2008  von    <<<<<<  0,05 s angesetzt.

 

 

 

 

 wie groß ist die Leistungsentwicklung im 100 m-Lauf abzüglich des  Faktors

   Kunststoffbahnen ?

 

Der Einfluss der elektronischen Zeitmessung und die Auswirkung der

Einführung der

1.Kunststoffbahnen ist  bereits abgeschätzt worden.

 

         

 

Die weitere Auswertung der Durchschnittsleistungen der 10 besten Sprinter

in den

3-Jahresintervallen soll die anderen leistungsrelevanten Einflussfaktoren

in der Größe

benennen. ( Punkte  A - E  , Seite 1 )

   

 

         

 

Für die handgestoppten Zeiten auf Aschebahnen wird eine Umrechnung durchgeführt.

Z.B. Durchschnitt 1952 = 10,29 s + 0,24 s für elektronische Zeitmessung - 0,187 s wegen

Zeitvorteil 1.Kunststoffbahn = vergleichbare Zeit 1976.

 

       

Diff.zum

 

       

Vorintervall

 

1952

10,343

10,29 +0,24-0,187

 

 

1956

10,233

10,18 +0,24-0,187

         - 0,11

 

 

1960

10,183

10,13 +0,24-0,187

  - 0,05

 

 

1964

10,163

10,11 +0,24-0,187

  - 0,02

 

 

1968

10,033

9,98 +0,24-0,187

  - 0,13

 

 

1972

10,033

9,98 +0,24-0,187

 0,00

 

 

 

1976

10,09

                                                   0,057

 

 

1980

10,02

                                                 - 0,07

 

 

1984

10,02 

                                                   0,00

 

 

1988

10,00

                                                 - 0,02

 

 

1992

9,92

                                                -  0,08

 

 

1996

9,90

                                                - 0,02

 

 

2000

9,89

                                                - 0,01

 

 

2004

9,87

                                                - 0,02

 

 

2008

9,88

9,83+0,05                                            0,01

 

 

2012

9,82

9,77+0,05                                         - 0,06

 

-

 

Die Entwicklung der Leistungssteigerungsraten zeigt das

 

Diagramm  3   in der  o.g.                  pdf - Datei.

 

 

 

 

 

 

 

Für den Zeitraum bis 1968, wo nur auf Aschebahnen und ( = Annahme) ohne

Leistungs-

steigerndes Doping  gelaufen wurde, sind die jährlichen Leistungssteigerungsraten

größer als in den folgenden Zeiträumen.

     

Obwohl sich später ständig verbesserte Kunststoffbahnen und Doping

leistungsfördernd auswirken.

 

           

Grund dafür : Wahrscheinlich musste erst der Leistungseinbruch durch den

II.Weltkrieg

 

aufgeholt werden und es ist auf höherem Niveau natürlich

auch schwerer,

 

sich um die gleichen Zeitdifferenzen zu steigern.

 

   
             
             
             
             

Darin enthalten sind zunächst alle leistungsfördernden Elemente ab ca. 1972

enthalten,also :

   -

Leistungssteigerungseffekte durch optimierte Kunststoffbahnen

   -

bessere Trainingsmethoden

     

 

   -

verbesserte Laufschuhe

       

   -

Dopingmittel

       

  -

verbesserte Sprintfähigkeit

     

 

 

hat Doping zur Leistungsentwicklung seit 1972 beigetragen ?

 

Die Jahresweltbestenliste für das Intervall der Jahre 2009 - 2012 enthält

folgende Sportler :

             

U.Bolt

 

T.Gay

    x

R.Blake

    x

 

N.Carter

 

A.Powell

    x

J.Gatlin

    x

 

St.Mullings

      x

M.Rodgers

    x

R.Thompson

 

K.Bledman

           
             

Die des Dopings überführten Sprinter sind mit   x   gekennzeichnet.

 
             

Sechs der 10 besten Sprinter der Jahre 2009 - 2012 sind also des Dopings

überführt worden.

Ähnlich sieht es bei den Frauen aus, sieben der besten 10 Sprinterinnen

der Jahre 2001-2004

wurden des Dopings überführt.

       
             

Wie groß ist nun die leistungssteigernde Wirkung der verbotenen Mittel?

 

Kann man sie größenmäßig benennen ?

     
             

 Anhaltspunkt :

         
 

Aus dem Intervall 2009 - 2012 werden alle Sprinter heraus

genommen, die

 

schon einmal wegen Dopings aufgefallen sind.

   
 

Dann sieht die Bestenliste so aus :

     
 

U.Bolt 9,58 / N.Carter 9,78 / R.Thompson  9,85 /Bledman 9,86

/ R.Bailey 9,88

 

W.Dix 9,88 / D.Patton 9,89 / N.Makusha 9,89 / D.Bailey 9,91 / Ch.Martina 9,91

             
 

Das ergibt einen Durchschnitt von  9,84 s. , gegenüber 9,77 s

mit den des

 

Dopings überführten Sprintern. ( ohne Bolt wären es 9,88 s )

 
 

Also einen leistungsfördernden Teil von  0,07 s.

   

 

Anhaltspunkt :

         
 

entnommen 2

       
 

Datenbasis der Feststellungen von Prof.Lames sind die Weltjahresbesten-

 

listen ab 1960, und zwar die Durchschnitte der besten 20 Athleten..

 

Doping wird hier als " endogener leistungsfördernder Effekt " bezeichnet.

 

Mit speziellen mathematischen Modellierungen der Effekte, die hier nicht

 

näher beschrieben werden sollen, kommt Prof.Lames aus logischen Gründen

 

für den 100 m -Lauf der Frauen zu dem Schluss ,dass der Dopingeffekt

 

etwa  0,17  s  beträgt.

       
 

Da Frauen i.a. stärker vom Dopingmitteleinsatz profitieren, dürfte der Wert 

 

für den 100 m - Männer Sprint etwas geringer sein.

   

 

Aus beiden Anhaltspunkten wird ein durchschnittlicher Leistungseffekt durch Doping

von  11/100 s  angenommen.

       

 

 

 

 

 

 

 

 

abzüglich des weiteren Leistungsvorteils Doping sieht die Leistungsentwicklung über 100 m also so aus .

 

( für 1976 + 1980 wurden Zwischenwerte genommen )

   
             

1952

10,233

    ( 10,343 - 0,11 )

       

1956

10,123

    ( 10,233 - 0,11 )

       

1960

10,073

    ( 10,183 - 0,11 )

     

1964

10,053

    ( 10,163 - 0,11 )

       

1968

9,923

    ( 10,033 - 0,11 )

       

1972

9,923

    ( 10,033 - 0,11 )

       

1976

10,02

    ( 10,09 - 0,07 )

       

1980

10,00

    ( 10,02 - 0,02 )

       

1984

10,02

         

1988

10,00

         

1992

9,92

         

1996

9,90

         

2000

9,89

         

2004

9,87

         

2008

9,88

         

2012

9,82

         

 

was im Diagramm  4  der  o.g.

 

                                            pdf - Datei

 

zu sehen ist.

     

Aufteilung der Leistungssteigerung auf Anteile

 

 

Die Leistungssteigerung  der 10-Weltbesten im 100 m - Lauf seit 1968 beträgt :

 

           

 

Jahr                        Handzeit          elktr.Zeit

              Steigerung         % von        % von

 

 

 

 

 

                                          Leistung      Ges.steigerung

 

 

 

 

 

 

 

     

 

1968                   9,98             10,22        

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2012                                         9,77          0,45                  4,40 %                 100 %               

 

 

 

davon entfallen auf :

       

 

           

 

erste Tartanbahnen                                                                 0,19                      1,86 %              42 %  

 

 

 

 

 

           

 

weitere Laufbahnverbesserungen                                       0,05                       0,49 %               11 %               

 

 

 

 

           

 

Einsatz Dopingmittel                                                              0,11                       1,08 %               25 %

 

 

 

 

 

           

 

verbessertes Training/Ernährung/Spikes ...                      0,05                        0,49 %                11%                

 

 

 

 

           

 

verbleiben für verbesserte

     

 

spezielle Sprintfähigkeit                                                       0,05                        0,49 %                     11 %

 

 

 

 

 

           

 

           

 

Auffällig hierbei die sehr geringe Steigerung, die auf verbesserte spezielle

 

Sprintfähigkeit zurück zu führen ist.

     

 

 

 

Nur etwa  5/ 100 s , das sind 11 % der Gesamtzeitverbessrung seit 1968 lassen sich mit

der Erhöhung der körperlichen Fähigkeit der Sprinter begründen.

 

           

 

Eine gleiche Aussage ist auch bei der Untersuchung der Hochsprungentwicklung

( in IV./ C ) gemacht worden.

     

 

           

 

 

Quellenangabe :

1 )  Punktewertung der IAAF für Mehrkampf , 1985 

 

2 )  Prof.Dr. Lames , Universität Ausgurg, 2001

             

©  G.Sonnemann , Sportanalyst , Berlin Dez. 2015